Ein Welpe zieht ein: Ida’s Ankunft in Offenbach und wie Nell auf unseren Zweithund reagierte.

Wann ist der rich­ti­ge Zeit­punkt für den zwei­ten Hund? Wie wird der Erst­ling reagie­ren, wenn ihm ein zwer­gen­haf­ter Zwei­ter die sicher geglaub­ten Res­sour­cen strei­tig machen will? Man kann sich vor­be­rei­ten, Bücher wäl­zen und ver­su­chen pau­scha­le Ant­wor­ten zu fin­den – oder aber den Hund, zu dem sich der neue Gefähr­te gesel­len soll, gründ­lich beob­ach­ten: Wer­den Besuchs­hun­de zwi­schen Couch und Bett nicht gedul­det und sind Spiel­sa­chen – statt sozia­lis­ti­schem Besitz – Grund eifer­süch­ti­ger Beis­se­rei­en, soll­te der Gedan­ke an den Zweit­hund wohl­mög­lich ein eben sol­cher bleiben.

Als Nell und Ida sich ges­tern zum ers­ten Mal begeg­ne­ten war von der Begeis­te­rung, mit der sie sonst jeden vier­bei­ni­gen Besu­cher begrüßt, aller­dings nichts zu bemer­ken – im Gegen­teil war sie sogar davon über­zeugt, dass die­sem Winz­ling, wenn über­haupt, nur auf eine ein­zi­ge Art und Wei­se zu begeg­nen sei: Mit einem strah­lend wei­ßen »Lächeln«. Wäh­rend ich mich also mit Ida im Wohn­zim­mer ein­rich­te­te und ver­such­te mich damit abzu­fin­den, die nächs­ten zwei Wochen dort auf mei­nem Matrat­zen­la­ger zu ver­brin­gen, hieß es für Dirk das Mons­ter zu besänf­ti­gen, das vor der Wohn­zim­mer­tür sei­ne – mal kei­fen­den, mal knur­ren­den – Run­den zog.

Nach­dem die ers­te Eupho­rie ihren blei­schwe­ren Tri­but gezollt und sich der pel­zi­ge Troll unter dem Tisch zusam­men­ge­rollt hat­te, setz­te ich das schla­fen­de Etwas in die Box, schloss lei­se die eine Türe und öff­ne­te die ande­re. Davor erwar­te­te mich, mitt­ler­wei­le stumm und schmol­lend, das schwarz-wei­ße Mons­ter. Irgend­wo heißt es, man kön­ne nichts in einen Hund hin­ein prü­geln, jedoch vie­les aus ihm her­aus strei­cheln – dem muss ich zustim­men. Denn nach­dem ich mit Nell eine gute hal­be Stun­de auf dem Bett gele­gen und mit sanf­ter Hand ihre Zor­nes­fal­ten geglät­tet hat­te, war – als der Wel­pe im Wohn­zim­mer nach dem Auf­wa­chen ein herz­er­wei­chen­des Gewin­sel anstimm­te – das Mons­ter ver­schwun­den. Statt sei­ner streun­te ein völ­lig ande­res Wesen schwanz­we­delnd um die Box, fiep­te, scharr­te und stups­te fra­gend gegen das Git­ter. Fra­ge­zei­chen über unse­ren Köp­fen. Schluss­end­lich öff­ne­te ich zögernd die Box, Ida schlüpf­te hin­aus und setz­te sich mit gro­ßen Augen vor Nell, die mit einem erneu­ten Stup­sen die Span­nung lös­te: Ida ist da!

© Johannes Willwacher