Foto des Monats: Gon­zo (Broad­me­a­dows Arthur McBri­de) am Elbstrand

Hundstage – so nennt der Volksmund die Zeit zwischen dem 23. Juli und dem 23. August. Über Seehunde und solche, die es im Sommer gerne wären …

Als du die Tür der Dusch­ka­bi­ne auf­stößt, sitzt er da, die Pfo­ten auf das blaue Hand­tuch gesetzt, und schaut dich an. Du kennst die­sen lei­den­den Blick. Meist schaut er so, wenn der Napf, den du drei Mal am Tag mit fri­schem Was­ser befüllst, leer ist und ihn der Durst plagt (manch­mal schaut er aber auch so, weil eine dicke, tote Flie­ge oben­auf treibt, um die sich beim bes­ten Wil­len nicht her­um trin­ken lässt). Der Napf aber – das weißt du genau – ist voll. Die spucki­gen Res­te hast du eben erst in den Aus­guss gekippt, den Napf sau­ber aus­ge­spült und zurück an sei­nen Platz gestellt. »Das kann es nicht sein«, denkst du also und zuckst die Ach­seln, dann scheuchst den Hund vom Hand­tuch her­un­ter, um dich abzu­trock­nen. Als du – schließ­lich tro­cken – das Hand­tuch fal­len lässt, schaut er dich von der Tür aus an. Sein Blick bohrt sich unver­än­dert in dich hin­ein. »Natür­lich hat er sich nicht ver­än­dert«, denkst du, »als ob sich ein Hund je davon beein­druckt gezeigt hät­te, ob ein Mensch nass oder tro­cken ist. Das inter­es­siert ihn genau­so wenig, wie die Fra­ge, ob man ein Hand­tuch benutzt, um sich abzu­trock­nen – oder eben nicht. Wenn es nach ihm gin­ge, dann könn­te man es ihm genau so gut gleich tun, und statt des Hand­tuchs die Pols­ter­gar­ni­tur im Wohn­zim­mer dazu nut­zen«. Du schlüpfst in dei­ne Hose, tät­schelst dem Hund lächelnd den Kopf, dann drehst du dich zum Fens­ter um, langst nach dem Griff und drehst ihn halb her­um. Ein Schwall schwül-war­mer Luft strömt dir ent­ge­gen. Du stöhnst. »Ob ihm auch zu warm ist?«, fragst du dich. Hin­ter dir hörst du den Hund die Trep­pe hin­ab laufen.

Hunds­ta­ge – so nennt der Volks­mund die Zeit zwi­schen dem 23. Juli und dem 23. August. Nicht etwa, weil die Som­mer­hit­ze unse­ren Vier­bei­nern noch stär­ker zuset­zen wür­de, als uns (das tut sie zwei­fels­oh­ne) – namens­ge­bend waren viel mehr römi­sche Astro­no­men, die in die­ser Zeit den Auf­gang des Stern­bilds Gro­ßer Hund beob­ach­te­ten. Das Bild eines (des Ver­glei­ches wegen) klei­nen Hun­des, der sich hechelnd im Schat­ten ver­kriecht, sich lang aus­streckt, um den Bauch zu küh­len, und lie­ber den Tag ver­schläft, als sich der Son­ne aus­zu­set­zen, mag den­noch pas­sen: Wäh­rend der mensch­li­che Kör­per mit Mil­lio­nen von Schweiß­drü­sen gut gegen die Hit­ze gerüs­tet ist, müs­sen bei unse­ren Hun­den weni­ge Schweiß­drü­sen am Nasen­spie­gel und den Pfo­ten­bal­len zur Ther­mo­re­gu­lie­rung genü­gen. Den Rest muss die her­aus­hän­gen­de Zun­ge (über die bei hoher Atem­fre­quenz nicht nur das zir­ku­lie­ren­de Blut gekühlt, son­dern auch Wär­me abge­ge­ben wird) allei­ne rich­ten. Fol­ge­recht über­hitzt ein Hund auch sehr viel schnel­ler. Grund genug, die hei­ßen Tage für ihn so ange­nehm wie mög­lich zu gestal­ten. Am Bade­see, vielleicht.

Mit einem klat­schen­den Geräusch schnei­det er durch spie­geln­de Ober­flä­che des Sees, taucht ein, bis nur noch der Kopf zu sehen ist, dann siehst du ihn gleich­mä­ßig mit den Pfo­ten rudern, dem Ball ent­ge­gen, der in einem der bei­den Son­nen­un­ter­gän­ge treibt. Am Ufer tauchst du selbst dei­ne Hand ins Was­ser, das so viel küh­ler ist, als die Abend­luft. Als du auf­schaust, steht der Hund längst wie­der vor dir, den Ball in der Schnau­ze, das Fell trie­fend nass. »War’s schön?«, fragst du. Er läuft auf dich zu und schüt­telt sich: Hun­de haben ihre ganz eige­ne Art, Dan­ke zu sagen.

© Johannes Willwacher