13|11|2015 – »Zoe« wird mit Bar­ba­ra in Neu-Anspach leben

Der letzte Tag beginnt. Und weil alles beginnt und alles endet, schreibe ich euch Sieben nicht Abschied, sondern Hoffnung auf die letzten Seiten …

Ich seh’ dei­nen Stolz und dei­ne Wut,
dein gro­ßes Herz, dein Löwenmut.
Ich lie­be dei­ne Art zu gehen
und dei­ne Art mich anzusehen.
Wie du dei­nen Kopf zur Sei­te legst,
immer siehst wie’s mir geht.
Du weißt, wo immer wir auch sind,
dass ich dein Zuhau­se bin.
– Sarah Con­nor, »Wie schön du bist« (2015)

Der letz­te Tag beginnt mit dem Ver­such mir vor­zu­rech­nen, wie vie­le Paar Gum­mi­hand­schu­he es waren, die wir in neun Wochen ver­braucht, wie vie­le Putz­ei­mer wir gefüllt haben – um schließ­lich die Sum­me des Zei­tungs­pa­piers zu bezif­fern, das, kaum aus­ge­legt, zer­ris­sen vom Boden auf­ge­klaubt wor­den ist. Auch an die­sem Mor­gen fin­de ich hier und da feuch­tes Papier, das ich mit den Fin­ger­nä­geln aus den Fugen krat­ze, auch an die­sem Mor­gen rauscht das Was­ser in den grau­en Putz­ei­mer hin­ein, wäh­rend ich mir die eng anlie­gen­den Gum­mi­hand­schu­he über­strei­fe. Weil es aber der letz­te Tag ist und ich weiß, dass am mor­gen dar­auf nur noch fünf Wel­pen ver­su­chen wer­den, mich von mei­nen mor­gend­li­chen Pflich­ten abzu­hal­ten, es am fol­gen­den Tag nur noch drei sein wer­den, bin ich in Gedan­ken gar nicht da und läuft das Was­ser schließ­lich über. »Ihr seid sie­ben«, den­ke ich und wische mir mit den behand­schuh­ten Hän­den über das Gesicht, »noch seid ihr sie­ben«, neh­me den rand­vol­len Eimer aus dem Becken und gie­ße ihn ab. Mit der Schul­ter sto­ße ich die schwe­re Eisen­tür auf, die Wasch­kü­che und Wel­pen­zim­mer trennt, stel­le den Eimer vor dem Git­ter ab und stei­ge selbst dar­über. »Ihr seid sie­ben«, den­ke ich, als ich den Raum durch­que­re um das Radio ein­zu­schal­ten, und immer noch, als ich mich umdre­he und eine Stim­me zu sin­gen beginnt. Der Löwen­mut, von dem sie singt, ver­lässt mich schlag­ar­tig, und weil ich weiß, dass mich kei­ner der sie­ben Wel­pen ver­ra­ten wird, hal­te ich auch die Trä­nen nicht län­ger zurück.

13|11|2015 – »Bran« hat sein Zuhau­se bei Nina, Max und Mar­kus in Val­len­dar gefunden

Der letz­te Tag beginnt. Und mit ihm ein neu­es, ein grö­ße­res Leben. Mit jedem der Sie­ben spielt Nell ein letz­tes Mal – mit dem einen zärt­lich, lie­be­voll, mit dem ande­ren wild, mit flie­gen­den Pfo­ten – und wäh­rend Mut­ter und Wel­pen durch den Gar­ten toben, scheint es fast so, dass auch die­ser längst zu klein gewor­den ist, für das gan­ze, das gro­ße, das kom­men­de Leben. Ein letz­tes Mal hal­te ich also jeden, dort, im Gar­ten, so wie hun­der­te Male zuvor, atme ein, bis auch die­ser Moment vor­über ist und der Wel­pe durch das Gar­ten­tor aus mei­ner Sicht ver­schwin­det. Viel­leicht weint man, den­ke ich, weil sich der Wel­pe, den man so oft gehal­ten hat, in etwas ande­res ver­wan­delt, sobald die­ser Moment vor­über ist, und aus dem Wel­pen, dem man neun Wochen lang Augen, Herz und Hän­de geschenkt, dem man Mut gefüt­tert, das Selbst­be­wusst­sein gestrei­chelt und bei­gebracht hat, dem Unbe­kann­ten mit Neu­gier zu begeg­nen, der Hund eines ande­ren wird. Vielleicht.

Der letz­te Tag beginnt. Und weil alles beginnt und alles endet, schrei­be ich euch Sie­ben nicht Abschied, son­dern Hoff­nung auf die letz­ten Sei­ten. Schreibt damit eure eige­nen Geschich­ten – und macht eure Men­schen so glück­lich, wie ihr es mich gemacht habt. Weil Lie­be das Ein­zi­ge ist, das mehr wird, wenn man es teilt.

Und ich hab das alles so gewollt,
den gan­zen Ter­ror und das Gold,
ich habe nie was so gewollt …

14|11|2015 – »Fin­ja« lebt mit Chris­tia­ne, Ste­fan, Tes­sa, Tan­ja und Thors­ten in Essen
14|11|2015 – »Nova« ist zu Anne und Han­nes nach Ober­win­ter gezogen
15|11|2015 – »Fly« hat sich mit Ursu­la und Peter auf den Weg nach Horw/CH gemacht
15|11|2015 – »Cra­zy« wir­belt das Leben von Marie in Fried­richs­dorf durcheinander
21|11|2015 – »Ellie« wird das Leben von Mela­nie und Den­nis in Neustadt/WW bereichern

© Johannes Willwacher