Schluss mit Ausstellungen, Schluss mit Werbung, Schluss mit Fotos: warum das Ausstellungsverbot auch Menschen betrifft, die bloß Hundefotos posten wollen.
Heute morgen bin ich auf Facebook über einen Beitrag gestolpert, mit dem ein gerade erschienenes Buch beworben wird: »Mein grüner Hund – Plädoyer für ein faires Leben mit unseren Vierbeinern«, so der Titel. Weil auf dem Umschlag ein Border Collie zu sehen war, bin ich dem Link natürlich gleich gefolgt: »Wenn ein Border Collie drauf zu sehen ist, kann’s so schlecht ja nicht sein«. Das Inhaltsverzeichnis, das von Ernährungsfragen über Straßenhunde hin zu autoritären Erziehungsmethoden mäandert, hatte ich schnell überflogen. Und vielleicht wäre es genauso schnell wieder vergessen gewesen, hätte eines der Kapitel dazwischen sich nicht mit dem Thema der Qualzucht beschäftigt. Mit »Qualzuchten, Rassenwahn und Haustierkonsum«, um genau zu sein. Ein Grund, um weiter zu blättern?
Himmel!
Im besagten Kapitel führt die Autorin nicht nur offensichtliche und verdeckte Qualzuchtmerkmale an, sondern auch ein Gespräch mit Diana Plange, Tierärztin und Projektleiterin des Qualzucht Evidenz Netzwerks (QUEN), das aus einer Initiative der Tierärztekammer Berlin hervorgegangen und im Zuge der gerade stattfindenden Debatten um das Ausstellungsverbot (nach §10 der Tierschutz Hundeverordnung) in aller Munde ist. »Als Erstes müssen wir das Augenmerk auf die einfach festzustellenden sichtbaren Defekte richten […], dann müssen wir an die unsichtbaren Defekte ran«, sagt Plange im Interview, zu dem die Autorin eigens in das niedersächsische Himmelpforten gereist ist. Da mir ähnlich pauschalisierende Aussagen bereits aus anderen Veröffentlichungen bekannt sind (auch schön: »[…] Zuchtausstellungen [haben sich] zu einem Zirkus persönlicher Eitelkeiten auf Kosten defektbelasteter Tiere entwickelt. Was fehlt: eine entsprechende Aus- und Fortbildung für die Züchter und die Bereitwilligkeit, diese auch in Anspruch nehmen zu wollen.«), bleibt bei mir aber vor allen Dingen eine andere Bemerkung hängen, die sich mit der Frage einer Mittäterschaft beim Verstoß gegen das Verbot von Qualzuchten beschäftigt. Entsprechendes dazu hatte ich nämlich erst kürzlich in einem Gutachten der Tierärztekammer Berlin gelesen.
Verrückt!
Keine fünf Minuten später habe ich meine Ordner durchforstet und das Ergänzungsgutachten gefunden, das von Prof. Dr. Thomas Cirsovius, emeritierter Professor für Zivil- und Sozialrecht an der Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg, im Auftrag der Berliner Tierärztekammer verfasst worden ist. Dort steht zu lesen:
Gem. § 3 Nr. 6 i. V. m. § 18 Abs. 1 Nr. 4 TierSchG handelt ordnungswidrig, wer vorsätzlich ein Tier zu einer Filmaufnahme, Schaustellung, Werbung oder ähnlichen Veranstaltung heranzieht, sofern damit Schmerzen Leiden oder Schäden für das Tier verbunden sind. […] Die Leiden, Schmerzen oder Schäden brauchen nicht den Grad der Erheblichkeit i. S. v. § 17 Nr. 2b TierSchG zu erreichen.
Daraus folgt, das sich jeder strafbar macht, der mit einem Tier wirbt, das offensichtliche oder verdeckte Qualzuchtmerkmale aufweist – auch wenn sich der Hinweis in erster Linie an die Veranstalter von Hundeausstellungen richten mag. Davon betroffen ist im Weiteren also nicht nur der Border Collie auf dem Buchcover – weil er womöglich nicht nur an einer Hüftgelenksdysplasie leiden, sondern darüber hinaus auch noch Träger für diverse erbliche Erkrankungen sein oder einen Zahnfehler haben könnte (man vergleiche die derzeit zu Ausstellungszwecken zu erbringenden Gesundheitsbescheinigungen) –, sondern auch jedes Wirtschafts- oder Medienunternehmen, das Hunde zu Werbezwecken nutzt. »Interessant«, denke ich, »hat nicht das Hundemagazin WUFF, das zu den Freunden und Förderern der QUEN-Initiative gehört, eine seiner letzten Ausgaben mit einer brachycephalen Rasse auf dem Titel beworben? Verrückt!«
Krank!
Während ich mich in den Stunden darauf durch unzählige Websites klicke, versuche ich den Gedanken der Mittäterschaft noch weiter zu spinnen. Dass die großen deutschen Hundemagazine – die dogs, die Hundewelt oder das bereits angeführte WUFF – künftig ohne entsprechendes Bildmaterial auskommen müssen, dürfte außer Frage stehen. Dass Gleiches für die Hersteller von Heimtierbedarf gilt – allen voran für Unternehmen, die sich dem Vertrieb von Heimtiernahrung, Bedarfsartikeln und Pflegemitteln widmen –, dürfte gleichermaßen gesetzt sein. Und weil sich selbst jedem Social Media Post ein werblicher Charakter unterstellen lässt, dürfte am Ende auch jeder, der ein Foto oder Video seines Hundes auf Facebook, Instagram oder TikTok hochlädt, davon betroffen sein. Warum? Weil Bilder nunmal Begehrlichkeiten wecken. Und jeder Hund als krank gilt, bis das Gegenteil bewiesen ist.
Die Autorin des Buches mit dem Border Collie besitzt übrigens einen Zwergschnauzer. Auch krank. Sollte man sie vielleicht mal wissen lassen.
Eine Dystopie, die sich mit den Folgen der aktuellen Qualzucht-Debatte beschäftigt, finden Sie hier. Wenn Ihnen der Artikel gefallen hat und Sie die kontrollierte Rassehundezucht unterstützen möchten, nehmen Sie sich doch auch gerne die Zeit, um die Petition zum Erhalt der Rassehundezucht zu unterzeichnen.
© Johannes Willwacher