
Unserem C-Wurf zum 10. Geburtstag: Ein Hundeleben lang an deiner Seite – bis du erkennst, dass du vielleicht immer an seiner gelebt hast.
Would you lie with me
and just forget the world?
Snow Patrol (2006)
Es ist ein leiser, ein sachter Atem, der in der Dämmerung des Zimmers steht, kaum merklich, doch von einer Beständigkeit, die das vergehende Licht überdauert. Der Hund schläft. Er schläft, wie nur Tiere schlafen können: ohne Vorbehalt, ohne Frage, als wäre der Schlaf nicht ein vorübergehendes, sondern das eigentliche Dasein.
Du sitzt im Sessel, das Kinn in die Hand gestützt, den Blick auf die ruhige Gestalt zu deinen Füßen gerichtet. Zehn Jahre. Eine Zeit, die sich im Leben eines Hundes zur Schwere neigt, zum beginnenden Herbst der Kräfte. Und doch liegt er da wie immer, hingegossen in lässiger Gewissheit, als wäre das Alter nichts als ein ferner Umstand, der ihn nichts anginge.
Du weißt nicht, was er träumt. Ob er träumt. Ob es in seinem Wesen überhaupt ein Bedürfnis nach jenem Nachbild der Wirklichkeit gibt, das deinen Schlaf durchsetzt. Vielleicht ist der Schlaf des Hundes einfach nur Schlaf, die reine Entbindung von Zeit und Bewusstsein, das Abstreifen aller Fragen, die dich wachhalten.
Und doch – da zuckt eine Pfote, kaum merklich, und das Ohr, dieses feine, klug gefältelte, bebt zu dem Widerhall eines unhörbaren Geräuschs. Was erreicht ihn im Traum? Welche Erinnerungen? Denn ja, zweifellos erinnert er sich, aber nicht so wie du. Nicht in fest umrissenen Bildern, sondern in einem dämmernden Wissen, das nicht zwischen Einst und Jetzt unterscheidet. Vielleicht erinnert er sich an den Sand, den er in einem von vielen Sommern zwischen den Pfoten spürte, an das Echo einer Stimme, die tief aus dem Wald der Erinnerungen nach ihm ruft, an eine Bewegung in der Luft, die einst Bedeutung trug und nun nur noch Empfindung ist.
Zehn Jahre. Ein Hundeleben. Doch was heißt das? Ist Zeit für ihn dasselbe wie für dich? Fühlt er den Wechsel der Jahre, das Drängen, das Vergehen, das dich so unruhig macht? Oder ist alles Gegenwart, alles eine einzige, große, unaufhörliche Jetzt-Zeit, in der Vergangenheit und Zukunft keinen Namen tragen?
Du beobachtest das Tier, das dir so lange gefolgt ist, so selbstverständlich an deiner Seite gegangen ist wie ein Schatten, ein stummer, verlässlicher Zeuge deines Lebens. Und während der Hund atmet, so gleichmäßig, so unbeirrbar, überkommt dich ein seltsamer Gedanke – dass vielleicht nicht er an deiner Seite gelebt hat, sondern du an seiner.
Du lehnst dich zurück, legst die Hände ineinander, und für einen Moment – nur für einen Moment – wünschst du dir, schlafen zu können wie ein Hund.
Und dieser Text gehört euch: Zoe, Finja, Fly, Ellie, Bran, Crazy und Nova – sieben Gründe, warum wir heute lächeln und ein bisschen wehmütig sind. Warum wir hoffen, dass auf den 10. Geburtstag noch viele weitere folgen. Lasst euch feiern!
© Johannes Willwacher