Seine Zeit war kürzer als unsere, und doch lang genug, um ein Leben zu tragen: zur Erinnerung an Buddy, DCh LuxCh Broadmeadows Body and Soul.

Man fragt sich oft, ob Tie­re ver­ste­hen, was es bedeu­tet: zu ster­ben. Viel­leicht ist es gar kein Ver­ste­hen, son­dern ein Wis­sen, das tie­fer liegt – jen­seits von Wor­ten, jen­seits von Furcht. Der Hund, der die Augen schließt, trägt nicht die Last der Fra­ge. Er trägt nur die Zeit. Viel­leicht lebt er ein­fach, bis es nicht mehr wei­ter­geht. 

Wir dage­gen kön­nen uns dem Fra­gen nicht ent­zie­hen. War­um ist ihre Zeit so kurz? War­um ver­geht sie schnel­ler, als wir sie fest­hal­ten kön­nen? Zwölf, drei­zehn, viel­leicht vier­zehn Jah­re – und schon ist ein Leben, das unser eige­nes getra­gen hat, an sei­nem Ende. Für sie ist es ein Kreis, der sich schließt. Für uns bleibt es ein Bruch. Und viel­leicht ist genau das der Unter­schied: dass wir die Zeit zäh­len, wäh­rend sie sie nur tragen.

Ich erin­ne­re mich noch an den ers­ten Anruf von Uta. Kurz nach­dem die Wel­pen unse­res ers­ten Wurfs aus­ge­zo­gen waren. Sie hat­te jeden Tage­buch­ein­trag gele­sen, fast jedes Wort aus­wen­dig gelernt. Und ich war mit die­ser Nähe, die mir eine Frem­de ent­ge­gen­brach­te, zunächst über­for­dert. Doch nach dem ers­ten Ken­nen­ler­nen war schnell klar, dass wir ihr einen Wel­pen anver­trau­en wür­den. Und wel­cher es sein soll­te, wuss­te ich sofort.

Uta saß in der Wurf­kis­te, strich mit der Hand über einen der gera­de ein­mal zwei Wochen alten Rüden und sag­te, er sol­le »Fly« hei­ßen. Ich schüt­tel­te den Kopf und sag­te: »Das ist aber kein Name für einen Rüden von For­mat!« Sie schau­te mich fra­gend an. »Wie wür­dest du ihn denn nen­nen?« Mein Blick fiel auf den Rüden. Auf den kräf­ti­gen Kopf, die fes­ten Pfo­ten. Für mich war er kein Fly. Für mich war er ein Bud­dy. Broad­me­a­dows Body and Soul. 

Und genau so war er: ein Hund, der es sei­nem Men­schen leicht mach­te, der klei­ne Feh­ler still ver­zieh und im Ring stand, als wüss­te er von selbst, wor­um es ging. Einer, der gedul­dig blieb, wenn eine Hand ner­vös an ihm her­um zup­pel­te. Ein gro­ßer, statt­li­cher Rüde, getra­gen von der­sel­ben Sanft­heit, die er als Wel­pe gezeigt hatte.

Anfang Juni kam die Dia­gno­se. Lym­phom. Uta und Axel ent­schie­den, Bud­dy kei­ner Che­mo­the­ra­pie zu unter­zie­hen. Wie viel Zeit ihm blei­ben wür­de, war unge­wiss. Manch­mal, so hieß es, sei­en es nur Wochen, manch­mal noch ein Jahr. Auch bei sei­ner Mut­ter war es so gewe­sen. Neun Mona­te, bis wir sie gehen las­sen muss­ten. Dass die­se Krank­heit beim Hund erb­lich ist – dass sie fami­li­är gehäuft auf­tritt –, weiß man inzwischen.

Sei­ne Zeit war kür­zer als unse­re, und doch lang genug, um ein Leben zu tra­gen. Für uns bleibt der Bruch, für ihn hat sich der Kreis geschlos­sen. Bud­dy – Broad­me­a­dows Body and Soul. Das war er. Bis zuletzt. Nicht ein Hund. Der Hund. Einer, der nicht frag­te. Son­dern ein­fach da war.

26.6.2013 – 29.9.2025


© Johannes Willwacher