Seine Zeit war kürzer als unsere, und doch lang genug, um ein Leben zu tragen: zur Erinnerung an Buddy, DCh LuxCh Broadmeadows Body and Soul.
Come healing of the reason,
come healing of the heart.
Leonard Cohen (2012)
Man fragt sich oft, ob Tiere verstehen, was es bedeutet: zu sterben. Vielleicht ist es gar kein Verstehen, sondern ein Wissen, das tiefer liegt – jenseits von Worten, jenseits von Furcht. Der Hund, der die Augen schließt, trägt nicht die Last der Frage. Er trägt nur die Zeit. Vielleicht lebt er einfach, bis es nicht mehr weitergeht.
Wir dagegen können uns dem Fragen nicht entziehen. Warum ist ihre Zeit so kurz? Warum vergeht sie schneller, als wir sie festhalten können? Zwölf, dreizehn, vielleicht vierzehn Jahre – und schon ist ein Leben, das unser eigenes getragen hat, an seinem Ende. Für sie ist es ein Kreis, der sich schließt. Für uns bleibt es ein Bruch. Und vielleicht ist genau das der Unterschied: dass wir die Zeit zählen, während sie sie nur tragen.
Ich erinnere mich noch an den ersten Anruf von Uta. Kurz nachdem die Welpen unseres ersten Wurfs ausgezogen waren. Sie hatte jeden Tagebucheintrag gelesen, fast jedes Wort auswendig gelernt. Und ich war mit dieser Nähe, die mir eine Fremde entgegenbrachte, zunächst überfordert. Doch nach dem ersten Kennenlernen war schnell klar, dass wir ihr einen Welpen anvertrauen würden. Und welcher es sein sollte, wusste ich sofort.
Uta saß in der Wurfkiste, strich mit der Hand über einen der gerade einmal zwei Wochen alten Rüden und sagte, er solle »Fly« heißen. Ich schüttelte den Kopf und sagte: »Das ist aber kein Name für einen Rüden von Format!« Sie schaute mich fragend an. »Wie würdest du ihn denn nennen?« Mein Blick fiel auf den Rüden. Auf den kräftigen Kopf, die festen Pfoten. Für mich war er kein Fly. Für mich war er ein Buddy. Broadmeadows Body and Soul.
Und genau so war er: ein Hund, der es seinem Menschen leicht machte, der kleine Fehler still verzieh und im Ring stand, als wüsste er von selbst, worum es ging. Einer, der geduldig blieb, wenn eine Hand nervös an ihm herum zuppelte. Ein großer, stattlicher Rüde, getragen von derselben Sanftheit, die er als Welpe gezeigt hatte.
Anfang Juni kam die Diagnose. Lymphom. Uta und Axel entschieden, Buddy keiner Chemotherapie zu unterziehen. Wie viel Zeit ihm bleiben würde, war ungewiss. Manchmal, so hieß es, seien es nur Wochen, manchmal noch ein Jahr. Auch bei seiner Mutter war es so gewesen. Neun Monate, bis wir sie gehen lassen mussten. Dass diese Krankheit beim Hund erblich ist – dass sie familiär gehäuft auftritt –, weiß man inzwischen.
Seine Zeit war kürzer als unsere, und doch lang genug, um ein Leben zu tragen. Für uns bleibt der Bruch, für ihn hat sich der Kreis geschlossen. Buddy – Broadmeadows Body and Soul. Das war er. Bis zuletzt. Nicht ein Hund. Der Hund. Einer, der nicht fragte. Sondern einfach da war.
26.6.2013 – 29.9.2025
© Johannes Willwacher