Die sechste Trächtigkeitswoche: über zehn Zentimeter und drei Zitate von Andy Warhol. Und warum man sich am besten mit geschlossenen Augen verliebt.
Andy Warhol soll einmal gesagt haben, dass es völlig unbedeutend ist, was über einen geschrieben wird, und dass am Ende bloß von Bedeutung ist, wie viele Zoll das Maßband misst. Just measure it in inches, oder: nachmessen genügt. Der Künstler wird – wenn der Ausspruch denn überhaupt von ihm stammt und ihm nicht bloß, wie zahllose andere Zitate, untergeschoben worden ist – dabei wohl viel eher an einen dicken Zeitungsstapel, als an den dicken Bauch einer trächtigen Hündin gedacht haben. Weil aber jedes Zitat vorrangig dem Zitierenden nützt, und eben jener sich in den vergangenen sieben Tagen maßgeblich damit befasst hat, den Zuwachs an Bauch und Taille der besagten Hündin zu vermessen, hat das vielleicht doch seine Berechtigung. Klingt langweilig? I like boring things. Auch das soll Andy Warhol gesagt haben.
Die sechste Trächtigkeitswoche
Spätestens in der sechsten Trächtigkeitswoche lassen sich die Veränderungen, die der Körper der Hündin durchlaufen hat, auch von außen bemerken. Nicht nur im Rücken wirkt sie jetzt breiter, auch die Taille und der Bauch nehmen deutlich an Umfang zu. Grund dafür ist der Platzbedarf der nun beinahe acht Zentimeter großen Welpen, der dazu führt, dass sich – bei einem normal großen bis sehr großen Wurf – die beiden Gebärmutterhörner auffalten.
Weil das rasante Wachstum der Welpen nach zusätzlichen Nährstoffen verlangt, die Hündin aber kaum noch so große Mahlzeiten zu sich nehmen kann, wird bei uns in der sechsten Trächtigkeitswoche außerdem der Speiseplan verändert und ergänzt: statt zwei großen gibt es drei bis vier kleinere Rationen, bei denen nach und nach ein besonders hochwertiges Aufzuchtfutter beigemischt wird, das wir mit Ei, Quark und Honig abrunden. Bis zur Geburt wird der Erhaltungsbedarf der Hündin so wöchentlich um etwa fünfzehn Prozent gesteigert.
With Eyes Closed
Es braucht keine fünf Sekunden, bis Heidi begriffen hat, dass der Platz auf der Couch frei geworden ist, aber doch eine ganze Weile länger, bis es ihr gelingt, sich nach oben zu stemmen. Nicht nur bei den Spaziergängen habe ich in der vergangenen Woche bemerkt, dass sie es nun gemütlicher angehen lässt und gerne hinter den anderen zurückbleibt, sondern auch zuhause fällt das ausgeprägte Bedürfnis nach Ruhe und Zuwendung immer deutlicher auf. Also liegen wir wieder einmal da – dicht an dicht –, ich mit einer Hand auf ihrem Bauch. People should fall in love with their eyes closed, soll Andy Warhol einmal gesagt haben. Da ist was Wahres dran, sage ich.
© Johannes Willwacher