Fas­ten­zeit: Nell schmeckt’s nicht

Es war ein­mal ein Hund, der hat­te gro­ßen Hun­ger. Wenn man ihn traf und frag­te: »Hund, bist du denn nie­mals satt?«, so ant­wor­te­te die­ser stets: »So lan­ge ich vier Bei­ne, zwei Augen und eine Schnau­ze habe – das schwö­re ich bei allen Blut- und Leber­würs­ten –, so lan­ge werd’ ich satt nicht sein«.

Eines Tages aber kam jemand und sah den Hund mit hän­gen­den Ohren vor sei­nem Schäl­chen sit­zen. »Sag Hund«, frag­te jener, »du bist doch nicht end­lich satt gewor­den?«. Ver­dros­sen spuck­te die­ser einen zer­kau­ten Bro­cken vor dem Fra­ger aus. »Es ist nicht, dass ich kei­nen Hun­ger hät­te – noch habe ich ja vier Bei­ne, zwei Augen und eine Schnau­ze – siehst du, mit­ten im Gesicht. Doch der ekel­haf­te Bro­cken will, so sehr ich mich auch anstren­ge, ein­fach nicht in den Hals hinein«.

Die Embryo­nen, die sich zwi­schen dem 18. und 20. Tag der Träch­tig­keit in den Gebär­mut­ter­hör­nern ein­ge­nis­tet haben, sind nun etwa vier Mil­li­me­ter groß – nicht nur der Kopf hat begon­nen sich zu ent­wi­ckeln, auch die Bei­ne sind bereits in win­zi­gen Knos­pen ange­legt. Wäh­rend der Hün­din in den ers­ten bei­den Wochen kaum etwas von ihrer Träch­tig­keit anzu­mer­ken ist, brin­gen die ver­än­der­ten Ansprü­che des Kör­pers, die mit der Nida­ti­on in der drit­ten Träch­tig­keits­wo­che ein­her­ge­hen, nicht sel­ten Ver­hal­tens­än­de­run­gen mit sich, die sich auch im All­tag schnell bemerk­bar machen: Die Hün­din schläft viel, frisst schlecht oder gar nicht, auch kann Übel­keit auftreten.

© Johannes Willwacher