Eine Woche alt, haben unsere sechs Border Collie Welpen ihre Namen bekommen: über Zeichen von oben – und andere.
Then the signal split in two,
the sound created stars like me and you.
Before there was love, there was silence.
I heard one sine and it healed my heart,
heard a sine.
Sine From Above, Lady Gaga (2020)
Oft hat meine Mutter mir schon von einem Rotkehlchen erzählt, das immer dann, wenn sie am Herd steht, vor dem Küchenfenster sitzt und gegen die Scheiben klopft. Das mag erst einmal nicht weiter ungewöhnlich erscheinen, geht das Küchenfenster doch zum Garten hinaus und steht nur wenige Schritte von dem Fenster entfernt ein Futterhäuschen, in dem sich zu jeder Jahreszeit eine Vielzahl an Vögeln tummelt. Ungewöhnlich macht diese Beobachtung allein das Federkleid des kleinen Vogels, das mit seiner warmen, rot-orangen Brust an die Kittelschürzen erinnert, die meine Großmutter bis zuletzt zum Kochen getragen hat. Dass meine Mutter nun vollends davon überzeugt ist, dass meine Großmutter in dem kleinen Fensterklopfer steckt, möchte ich bezweifeln – auch wenn seine rundliche Körperfülle tatsächlich ein wenig der ihren gleicht und der Platz am Küchenfenster ihr ganz sicher gefallen hätte. Der Gedanke aber, ob der Himmel uns zu Zeiten solche und ähliche Zeichen schickt, hat sich ganz ohne Zweifel – so wie der aufsteigende Dampf des kochenden Wassers – irgendwo zwischen den Töpfen und dem Küchenfenster festgesetzt. Ein Zeichen von oben, wenn man so will.
Auch ich habe in den vergangenen Tagen über Zeichen nachgedacht. Über Schrift- und Satzzeichen, allerdings. Oder anders ausgedrückt: über die Namen, die unsere Border Collie Welpen begleiten sollen. Dass ich mir dazu gerne Ideen aus unserem Plattenschrank hole, dürfte hinreichend bekannt sein. Also habe ich auch im Hinblick auf diesen Wurf wieder einmal vor der Stereoanlage gesessen und darauf gehofft, dass sich irgendwo zwischen »Hail, hail Rock ’n’ Roll« und »Hyper hyper« die richtigen Namen für die sechs Welpen verstecken.
Schlussendlich hat mich bei der Auswahl der Gedanke an den weiten Weg nicht losgelassen, den der Samen des Rüden durch die Luft genommen hat. Der Gedanke an ein weiteres Zeichen von oben, also. Die sechs Namen, auf die meine Entscheidung gefallen ist, hängen daher mehr oder minder zusammen, leiten sich allesamt von diesem einen Gedanken ab. Und vielleicht sind sie – so wie das Rotkehlchen, das klopfend am Fenster sitzt –, am Ende doch mehr, als bloß eine Reihe von Zeichen. Sind Zeichen von Hoffnung, Bestimmung und Wunder. Von Dingen, durch die sich die Liebe untrüglich verrät.
Weniger kann ein Welpe nicht sein.
Die Namen der Welpen
Hündin No. 1 – Broadmeadows Halo
(nach: Halo von Beyoncé)
Hündin No. 2 – Broadmeadows High Flying Adored
(nach: High Flying Adored aus Evita)
Hündin No. 3 – Broadmeadows Hallelujah
(nach: Hallelujah von Leonard Cohen)
Rüde No. 1 – Broadmeadows History Has Its Eyes On You
(nach: History Has Its Eyes On You aus Hamilton)
Hündin No. 4 – Broadmeadows Higher Love
(nach: Higher Love von Steve Winwood)
Rüde No. 2 – Broadmeadows High Hopes
(nach: High Hopes von Panic! at the Disco)
© Johannes Willwacher