Unserer Nell zum vierzehnten Geburtstag: über ungezählte Tage, Erfahrungen und Möglichkeiten – und die Frage, die aus Hundesicht am wichtigsten ist.
Tears dry and we’ll leave no trace,
and tomorrow’s another day.
Ed Sheeran (2023)
Der vierzehnte Geburtstag eines Hundes ist zweifelsohne einer, den man mit zwiegespaltenen Gefühlen feiert. Zum einen ist da natürlich die Freude, dass der Hund ein so hohes Alter erreicht hat, und sich – im besten aller Fälle – noch immer blendender Gesundheit erfreut. Zum anderen ist da aber auch die Furcht vor dem, was mit dem Alter unausweichlich näher rückt, und der Gedanke, dass der vierzehnte Geburtstag womöglich auch der letzte sein könnte, den man gemeinsam feiern darf. Dass jedes Hundeleben endlich ist – dass fast jeder Mensch jeden seiner Hunde um ein Vielfaches überlebt –, bleibt am Ende nämlich genauso unumstößlich, wie der Fakt, dass es nur den allerwenigsten Vierbeinern vergönnt ist, ihren sechzehnten, siebzehnten oder gar achtzehnten Geburtstag zu feiern.
Weil unsere Nell, die heute ihren vierzehnten Geburtstag feiert, aber vor allen Dingen ein sonniges Gemüt besitzt, scheint es mir viel eher angebracht, alle dunklen Gedanken beiseite zu wischen – und ihren heutigen Geburtstag besonders ausgelassen zu feiern. Nicht so, als gäbe es kein Morgen mehr. Nein, vielmehr so, als säßen alle zukünftigen Ichs – all die ungezählten Tage, Erfahrungen und Möglichkeiten – bereits in trauter Runde zusammen. »Heute ist für immer«, würde einer der Gäste vielleicht mit erhobenem Glas vorbringen, und alle Geburtstagskinder – die bekannten und noch unbekannten, die vierzehnjährige, sechzenjährige, achtzehnjährige Nell – würden aus alterstrüben Augen in die Runde funkeln. Nur, um dann mit einer Stimme zu fragen, wann es denn endlich was zu Essen gibt.
© Johannes Willwacher