25|05|2019 – Mutterglück: Ellie mit ihren fünf Border Collie Welpen
25|05|2019 – Mut­ter­glück: Ellie mit ihren fünf Bor­der Col­lie Welpen

Zwei Tage Leben – zwei Tage, die aus einer Hündin eine Mutterhündin gemacht haben. Und aus mir – wieder einmal – einen sehr stolzen Züchter. Trotz der Müdigkeit.

Seit einer guten hal­ben Stun­de wäl­ze ich mich im Bett hin und her, schlie­ße die Augen und ver­su­che mich zum Schla­fen zu zwin­gen – aber es bringt nichts. Ich schla­ge also die Decke zurück, sehe zuerst Ida, die mich aus dem Hun­de­korb schräg gegen­über angrinst, dann die blin­ken­de Zeit­an­zei­ge dar­über: es ist zwan­zig nach vier. »Zum Schla­fen kommst du nie, wenn du Wel­pen hast«, sage ich mit einem halb­her­zi­gen Gäh­nen, »denn selbst, wenn du müde bist, gibt es doch immer noch etwas zu tun«. Auf Zehen­spit­zen schlei­che ich zum Wel­pen­zim­mer, schie­be die ange­lehn­te Tür einen Spalt weit auf und wer­fe einen vor­sich­ti­gen Blick in das Dun­kel, das nur vom schumm­ri­gen Licht der Rot­licht­lam­pe erhellt wird. Ellie sitzt auf­recht in der Wurf­kis­te, wäh­rend die fünf Wel­pen ruhig schmat­zen. Ich schlüp­fe laut­los in das Zim­mer, streich­le zuerst der Hün­din lang­sam über den Kopf und zie­he dann das fle­cki­ge Laken aus der Wurf­kis­te, das ganz zer­wühlt an den Rand gedrückt ist. »Pipi machen?«, flüs­te­re ich der Hün­din zu, die auf­merk­sam den Kopf schräg hält, gleich dar­auf aber auf­springt und mit mir das Zim­mer ver­lässt. Schnel­ler als ich schau­en kann ist sie die Trep­pe hin­un­ter – und kaum zwei Minu­ten spä­ter eben­so schnell wie­der hin­auf. In den Tagen nach der Geburt stellt die Mut­ter­hün­din alle eige­nen Belan­ge hin­ten an, um ganz für ihre Wel­pen da zu sein – Abwe­sen­heit wird von der Natur nicht gedul­det. Das trifft ganz offen­sicht­lich auch auf Ellie zu. Selbst wenn der Anfang ganz und und gar nicht danach aussah.

25|05|2019 – Die Hündin regt durch Belecken die Blasen- und Darmtätigkeit der Welpen an
25|05|2019 – Die Hün­din regt durch Bele­cken die Bla­sen- und Darm­tä­tig­keit der Wel­pen an

Dass Ellie sich in ihre Mut­ter­rol­le erst ein­fin­den muss­te, ist zwei­fels­oh­ne den Umstän­den geschul­det, wie ihre Wel­pen gebo­ren wor­den sind: in den Stun­den nach der Geburt war sie so sehr mit sich selbst beschäf­tigt, dass sie die Bedürf­nis­se der Wel­pen kaum wahr­neh­men konn­te – die Wel­pen zum Trin­ken anzu­le­gen gelang nur unter Zwang, erfor­der­te jedes Mal mensch­li­ches Zutun und eine hel­fen­de Hand. Bot sich eine Gele­gen­heit, schlüpf­te Ellie aus der Wurf­kis­te und ver­ließ das Zim­mer – über­ließ es den übri­gen Hün­din­nen, nach ihren Wel­pen zu schau­en. Uns blieb also nichts ande­res übrig, als im Wech­sel mit ihr in der Wurf­kis­te zu sit­zen – die Nacht trotz des Schlaf­man­gels durch­zu­wa­chen – und dar­auf zu ach­ten, dass auch jeder Wel­pe genug Milch bekam. Gera­de im Hin­blick auf die kleins­te Hün­din, die wir auf­grund ihres gerin­gen Geburts­ge­wichts noch in der Kli­nik son­diert hat­ten und die sich an der Zit­ze ohne unser Zutun kaum gegen ihre deut­lich kräf­ti­ge­ren Geschwis­ter hät­te behaup­ten kön­nen, war das Ein­grei­fen über­le­bens­wich­tig. Ellie ver­schwand trotz­dem immer wie­der, ließ ihre Wel­pen immer wie­der allein. Bis zum Nach­mit­tag des ers­ten Tages – bis sich schließ­lich doch der siche­re Instinkt durch­setz­te, für den ich Ellies Mut­ter wäh­rend der Auf­zucht immer geschätzt habe. Oder wie eben jene selbst sagen wür­de: »Zum Schla­fen kommst du nie, wenn du Wel­pen hast!«

25|05|2019 – Satt und glücklich: die Kleinste ist an der Zitze eingeschlafen
25|05|2019 – Satt und glück­lich: die Kleins­te ist an der Zit­ze eingeschlafen

Alle fünf Wel­pen haben seit der Geburt gut an Gewicht zuge­legt, alle fünf zei­gen sich sehr aktiv und geben mir kei­nen Grund zur Sor­ge. Ellie säugt und putzt, umsorgt die Wel­pen mit größ­ter Zuver­läs­sig­keit – und ich könn­te eigent­lich wei­ter schla­fen. Kann ich aber nicht. Weil ich zuschau­en muss. »Zum Schla­fen kommst du nie, wenn du …«

Hast du gewusst, dass du niemals endende Liebe, das Gefühl, ein Zuhause zu haben, zu wachsen und zu werden, Verständnis und Geborgenheit mit nur einem einzigen Wort ausdrücken kannst? Dieses eine Wort ist: Mama!

© Johannes Willwacher