Border Collie Welpe schläft in Futterschale
15|06|2019 – Gutes Essen macht müde

Wann der richtige Zeitpunkt gekommen ist, die Welpen zuzufüttern? Wenn auch die Futterschale der Mutterhündin vor ihnen nicht mehr sicher ist! Ein Experiment.

Für einen Augen­blick scheint es so, als sei­en sich die fünf Wel­pen unschlüs­sig, wel­chem Geruch sie fol­gen sol­len: dem ver­trau­ten, den die Zit­zen der Mut­ter­hün­din ver­strö­men, oder dem eigen­ar­tig neu­en, der von der wei­ßen Fut­ter­scha­le aus­geht, die – mir nichts, dir nichts – mit­ten im Aus­lauf steht. Über der Letz­te­ren steht Ellie, den Kopf gebeugt, und schlingt mit has­ti­gen Bis­sen die fes­ten Fleisch­bro­cken hin­un­ter, die mit hand­war­mer Zie­gen­milch über­gos­sen sind. Die Scha­le schwankt und schau­kelt gefähr­lich, immer wie­der tropft es an den Rän­dern, und bei jedem zwei­ten Bis­sen lan­det ein biss­chen weni­ger in der Schnau­ze der Hün­din, ein biss­chen mehr auf der dun­kel­grü­nen Decke, die im Wel­pen­aus­lauf aus­ge­legt ist. Die Wel­pen quie­ken und quiet­schen, bäu­men sich auf­ge­regt unter dem Bauch der Hün­din auf, schaf­fen es aber kaum an ihre Zit­zen zu gelan­gen, fal­len immer wie­der um: nach vor­ne, nach hin­ten, zwei gegen die Scha­le, die – was bleibt ihr auch ande­res übrig – gleich wie­der zu schwan­ken beginnt. Die besag­ten Zwei sind es auch schließ­lich, die als ers­te von den Zit­zen ablas­sen, statt­des­sen die Köp­fe nach den Lef­zen der Hün­din stre­cken, ganz vor­sich­tig die Mäul­chen öff­nen und mit neu­gie­ri­gen Zun­gen das able­cken, was der Hün­din beim Kau­en und Schlu­cken dane­ben gegan­gen ist. Ein Drit­ter kommt bald hin­zu, wagt sich noch wei­ter, taucht mit der Nase so tief in die Milch und das Fleisch in der Scha­le, dass er ver­zwei­felt zu Nie­sen beginnt. Ellie hebt den Kopf, wen­det sich mit trie­fen­der Schnau­ze dem nie­sen­den Wel­pen zu und streift dabei unacht­sam Milch und Zer­kau­tes ins Fell eines Vier­ten, der nun – ob er will oder nicht – sei­ner­seits im Mit­tel­punkt steht: von den Geschwis­tern umringt, wird aus Wei­ßem wie­der Schwar­zes, wird das, was der Mut­ter so gut geschmeckt hat, emsig aus dem bekle­cker­ten Fell geleckt. »Neu­gier geweckt«, bestä­ti­ge ich zufrie­den, stel­le die nun­mehr lee­re Scha­le bei­sei­te und mache es mir selbst im Aus­lauf bequem, »schau­en wir mal, wie das mor­gen aussieht«.

Border Collie Hündin mit Welpen
10|06|2019 – Mama ist für alle da

Dass die Wel­pen dem Fut­ter der Mut­ter nicht abge­neigt sind, mag man mit einem Schul­ter­zu­cken abtun: für Hun­de – auch klei­ne – ist Fut­ter eben immer von Belang. Tat­säch­lich ist es aber das ers­te Mal, dass sich unse­re fünf Wel­pen so neu­gie­rig der wei­ßen Scha­le nähern und tat­kräf­tig ver­su­chen, einen Bis­sen dar­aus abzu­be­kom­men. Die erwa­chen­de Neu­gier kann viel­leicht am ehes­ten die Natur erklä­ren, die gleich­zei­tig die ers­ten Milch­zäh­ne durch­bre­chen lässt: das Milch­ge­biss besteht aus 28 Zäh­nen, die deut­lich spit­zer sind, als die des blei­ben­den Hun­de­ge­bis­ses, und ent­hält – abge­se­hen vom ers­ten vor­de­ren Backen­zahn und allen Hin­te­ren – schon alle Vor­läu­fer der blei­ben­den Zäh­ne. Mor­gens bar­fuß bei den Wel­pen im Aus­lauf zu sit­zen, ver­schafft einen guten, manch­mal auch schmerz­haf­ten Über­blick, wie weit das Wel­pen­ge­biss schon ent­wi­ckelt ist – denn nicht nur die Fut­ter­scha­le der Mut­ter wird neu­gie­rig in Augen­schein genom­men, auch die Zehen blei­ben nicht verschont.

Am fol­gen­den Mor­gen fällt es mir schon deut­lich schwe­rer, die Wel­pen davon abzu­hal­ten, sich kopf­über in die Fut­ter­scha­le zu stür­zen – nicht zuletzt, weil Ellie die Fünf gewäh­ren lässt und zurück­weicht, als sich die Wel­pen mit auf­ge­reg­tem Fie­pen vor der wei­ßen Scha­le drän­geln. Bei frü­he­ren Wür­fen – denen von Nell und Edda – habe ich oft­mals beob­ach­ten kön­nen, dass die Mut­ter­hün­din die gera­de ver­schlun­ge­ne Mahl­zeit wie­der her­vor würg­te, und die Wel­pen ohne mein Zutun zum ers­ten Mal fes­te – von der Hün­din vor­ver­dau­te – Nah­rung zu sich nah­men. Für unse­re Fünf scheint nun auch der Zeit­punkt gekom­men zu sein, sich dem Neu­en zuzu­wen­den. Mut­ter-Fut­ter statt Fut­ter-Mut­ter, wird es des­halb zum Wochen­be­ginn hei­ßen: Wel­pen, wetzt euer Essbesteck!

© Johannes Willwacher