Border Collie Welpe
21|09|2022 – Hol­le und ihre Skye, Broad­me­a­dows Imagine

Und wieder sind zwei unserer Border Collie Welpen ausgezogen: Zeit für letzte Worte und beste Wünsche.

Kann man den Mond steh­len, indem man sein Spie­gel­bild mit einem Eimer aus dem Was­ser schöpft? Der Ver­such wird schwer­lich gelin­gen und immer noch ein Mond mehr im Was­ser zurück­blei­ben. Wenn es nach Yoko Ono geht, die eben jene Hand­lungs­an­wei­sung 1964 – als eine von vie­len – in ihrem Buch Grape­fruit ver­öf­fent­licht hat, kommt es aber auch gar nicht so sehr auf die kon­kre­te Umset­zung an. »Stell dir vor, dass ich wei­ne, und mei­ne Trä­nen dazu nut­ze, um mich selbst stär­ker zu machen«, schreibt sie an ande­rer Stel­le. Das Bild, das dabei im Kopf ent­steht – eines, das jedem durch pure Vor­stel­lungs­kraft frei zugäng­lich ist und das sich eben­so frei außer­halb gesell­schaft­li­cher Über­ein­künf­te und Zwän­ge bewe­gen darf – ist ent­schei­dend. »Wer braucht schon Gemäl­de«, soll Yoko Ono gesagt haben, »bohrt lie­ber ein Loch in die Wand und schaut den Him­mel an!«

»Genau­so wie die Mög­lich­keit zur Ver­än­de­rung, beru­hen alle Hoff­nun­gen auf eine bes­se­re Welt auf der uner­schro­cke­nen Vor­stel­lungs­kraft von Men­schen, die das Leben umar­men«, wird John Len­non zuge­schrie­ben. Die glei­che Grund­hal­tung klingt auch aus dem 1971 erschie­ne­nen Ima­gi­ne, das Len­non nach bio­gra­fi­schen Anga­ben nicht nur im Bei­sein von Yoko Ono kom­po­niert hat, son­dern das sich auch auf das Kon­zept der Künst­le­rin zurück­füh­ren lässt. »Stell dir vor, dass es kei­ne Gren­zen gibt«, heißt es in einer Zei­le, »stell dir all die Men­schen vor, die fried­lich zusam­men­le­ben«, in einer ande­ren. Erst im Dezem­ber 1980 – zwei Tage, bevor er bei einem Atten­tat in New York erschos­sen wur­de – räum­te John Len­non in einem Inter­view mit der BBC ein, dass auch Yoko Ono als Urhe­be­rin ange­führt wer­den müs­se: »Damals war sie eben nur die Ehe­frau«. Kaum vorzustellen!

»Plötz­lich hat­te ich den Gedan­ken, wenn ich mir jetzt noch einen Wel­pen zu Iska ins Haus holen wür­de«, schrieb Hol­le mir im letz­ten Jahr kurz vor Weih­nach­ten, »wie fän­dest du das?« Bei vie­len ande­ren hät­te ich wohl län­ger über­le­gen müs­sen – hät­te nicht so schnell ein Bild vor Augen gehabt und mich auf die Inten­si­tät des gegen­wär­ti­gen Augen­blicks ver­las­sen. »Wenn man den Frie­den sucht, muss man ihn sich zuerst vor­stel­len«, hat John Len­non gesagt. Wie aber soll man sich das Leben mit einem Hund vor­stel­len? Wie die unvor­her­seh­ba­ren Ver­än­de­run­gen, die der Ein­zug eines Wel­pen für das eige­ne Leben bedeu­tet? Fest steht nur, dass man sich nach kur­zer Zeit schon nicht mehr vor­stel­len kann, dass es jemals anders gewe­sen ist. Dass es nicht zwei, son­dern nur einen gab. Und genau das wün­sche ich mir. It’s easy if you try!

Border Collie Welpe beim Auszug mit 9 Wochen
24|09|2022 – Andrea und ihr Miles, Broad­me­a­dows I Can See For Miles

Die größ­te Angst, die Hun­de ken­nen, ist die Angst, dass der Mensch, dem sie ihre Herz geschenkt haben, nicht zurück­kommt, wenn er die Türe hin­ter sich schließt. Zu lie­ben wie ein Hund, das bedeu­tet frag­los bedin­gungs­los zu lie­ben. Sich ohne Wenn und Aber auf den Ande­ren ein­zu­las­sen. Sich nicht um das Alter, die geschlecht­li­che Iden­ti­tät, die Reli­gi­on oder die gesell­schaft­li­che Stel­lung zu sche­ren. Die Lie­be eines Hun­des erwar­tet nur, dass die Acht­sam­keit und Freund­lich­keit erwi­dert wer­den, mit der der Hund dem Men­schen begeg­net. Weil die Stär­ke des Wolfs das Rudel ist.

»Dies sind die Geset­ze des Dschun­gel, so alt und so klar wie das Licht. Der Wolf, der sie hält wird gedei­hen, und ster­ben der Wolf, der sie bricht. Lia­nen­gleich schlingt das Gesetz sich, vor­an und zurück, auf und ab. Die Stär­ke des Packs ist der Wolf, und die Stär­ke des Wolfs ist das Pack.« Die Zei­len, die der 1865 in Bom­bay gebo­re­ne bri­ti­sche Schrift­stel­ler Rudyard Kipling den Bären Baloo im zwei­ten Kapi­tel des Neu­en Dschun­gel­buchs rezi­tie­ren lässt, las­sen sich auch auf das Grund­be­dürf­nis unse­rer Hun­de nach mensch­li­cher Nähe über­tra­gen. Ins­be­son­de­re der Bor­der Col­lie zeich­net sich dadurch aus. Durch Treue und Erge­ben­heit – und einen wachen Blick, der sei­nen Besit­zer stets verfolgt.

»Becau­se all the while I can see for Miles«, heißt es im gleich­na­mi­gen Song von The Who, der von Pete Town­s­hend, dem Gitar­ris­ten der Band, geschrie­ben wur­de. Auf der Kunst­hoch­schu­le, an der Town­s­hend von 1961 bis 1964 Gra­fik­de­sign stu­dier­te, hat­te er Karen Ast­ley ken­nen­ge­lernt, die er mit dem Song dar­an erin­nern woll­te, sich sei­nes Bli­ckes nie­mals ent­zie­hen zu kön­nen. Aus heu­ti­ger Sicht mögen die Eifer­sucht und das Miss­trau­en, die ihn damals zum Schrei­ben moti­viert haben, ein wenig befremd­lich klin­gen. Bei einem Hund, der sich wie ein Schat­ten an jeden Schritt sei­nes Besit­zers hef­tet, sieht das ganz anders aus.

Für Miles wün­sche ich mir des­halb, dass er dein Schat­ten sein darf. Dass er dich, Andrea, tag­täg­lich beglei­tet. Dass er Mei­len sam­melt, so wie du Mei­len machst. Weil die Stär­ke des Wolfs das Rudel ist. Und weil – wer, wenn nicht – du das ver­stan­den hast. 

© Johannes Willwacher