Neugeborener Border Collie Welpe
Hün­din No. 1 | 12.22 Uhr | 420 Gramm

Am 14. März sind unsere Border Collie Welpen geboren: alles über die Geburt, die Welpen und das Glück, das dem Züchter manchmal Tränen in die Augen treibt.

Do you come from a land down under?
Men at Work (1981)

Es ist vier­tel vor elf, als bei Hei­di die Wehen ein­set­zen. Der Gedan­ke, den Schlaf nach­zu­ho­len, den mir die Hün­din in der vor­an­ge­gan­ge­nen Nacht durch ihre Unru­he geraubt hat­te, hat sich damit erle­digt. Statt­des­sen steh­le ich mich lei­se die Trep­pen hin­un­ter, wis­pe­re Dirk ein müdes »Es geht los!« zu, und sit­ze im nächs­ten Moment schon wie­der neben der Wurf­kis­te, in der Hei­di aus Lei­bes­kräf­ten die Laken umgräbt.

Hün­din No. 2 | 13.08 Uhr | 396 Gramm

Bis es tat­säch­lich los­geht und sich der ers­te Wel­pe sei­nen Weg durch den Geburts­ka­nal gebahnt hat, sol­len aber noch fast ein­ein­halb Stun­den ver­ge­hen. Anfäng­lich sind die Wehen zu schwach – es braucht eine gute Stun­de, bis sie stark und gleich­mä­ßig über den Rücken der Hün­din lau­fen –, und als sich die ers­te Frucht­bla­se schließ­lich ans Licht schiebt, kos­tet es die Hün­din aller­größ­te Kraft, den Wel­pen ganz her­aus­zu­pres­sen. Gemein­sam befrei­en wir den erst­ge­bo­re­nen Wel­pen aus den Frucht­hül­len – wäh­rend Hei­di das Wurf­la­ger säu­bert und die Nach­ge­burt ent­sorgt, nabe­le ich den neu­ge­bo­re­nen Wel­pen ab und rei­ni­ge mit dem klei­nen Fin­ger vor­sich­tig die Schnau­ze –, und gleich­zei­tig fällt die größ­te Anspan­nung von mir ab.

Neugeborener Border Collie Welpe
Hün­din No. 3 | 13.22 Uhr | 356 Gramm

Obschon es nicht der ers­te Wurf ist, den ich als Züch­ter beglei­te, und obschon ich bei fast all unse­ren vor­an­ge­gan­ge­nen Wür­fen das Glück hat­te, eine kom­pli­ka­ti­ons­lo­se, leich­te Geburt mit­er­le­ben zu dür­fen, bleibt bis zur Geburt des ers­ten Wel­pen immer die Angst, dass etwas schief gehen könn­te. Dem­zu­fol­ge könn­te ich die Trä­nen, die mir beim Anblick des erst­ge­bo­re­nen Wel­pen – einer Hün­din – in die Augen geschos­sen sind, auch gut auf das Gefühl von Erleich­te­rung schie­ben. Mög­li­cher­wei­se hat auch das sei­nen Anteil dar­an, ent­schei­den­der ist aber tat­säch­lich das Aus­se­hen die­ses ers­ten Wel­pen: die brei­te, durch­ge­hen­de Bles­se, der undurch­bro­che­ne wei­ße Kra­gen, der schwar­ze Schön­heits­fleck neben der Nase – all das ken­ne ich von irgend­wo her.

»Die Schne­cki ist wie­der da«, heu­le ich also – halb hys­te­risch – in mei­ne Hän­de hin, wäh­rend Dirk den Arm um mich legt und ich lei­se begin­ne, an mei­nem Ver­stand zu zwei­feln. »Das Soll hast du damit erfüllt«, sage ich schließ­lich zu Hei­di und drü­cke ihr einen Kuss auf die Schnau­ze, »alles, was jetzt noch kommt, kann nur noch eine Zuga­be sein«. Um mir die Aus­wahl ein wenig schwe­rer zu machen, fol­gen in der nächs­ten Stun­de noch zwei wei­te­re Hündinnen.

Rüde No. 1 | 14.20 Uhr | 422 Gramm

Beim vier­ten Wel­pen schließ­lich stockt die Geburt. Mit den Hin­ter­läu­fen vor­an, die eige­ne Wir­bel­säu­le der des Mut­ter­tie­res zuge­wandt, schiebt er sich nur lang­sam her­aus. Das Amni­on ist ein­ge­ris­sen und bis zu den Schul­tern des Wel­pen hoch­ge­scho­ben. Weil die Wehen allein kaum aus­rei­chen, um den Wel­pen aus sei­ner miss­li­chen Lage zu befrei­en, hel­fe ich selbst nach und schie­be ganz vor­sich­tig einen Fin­ger an sei­nen Schul­tern vor­bei. So gelingt es end­lich, ihn ganz her­aus­rut­schen zu las­sen. Schnell ist er von der ver­blie­be­nen Frucht­hül­le befreit, die lan­ge Zeit im Geburts­ka­nal hat ihn aber längst grau wer­den las­sen. »Tot«, den­ke ich kurz, set­ze dann aber in Gedan­ken gleich noch hin­zu, dass ich das nicht gel­ten las­se. Nach­dem ich die Atem­we­ge mit dem Mund von Frucht­was­ser befreit habe, neh­me ich den Wel­pen also, eile ins benach­bar­te Bad und las­se kal­tes Was­ser über sei­ne Hin­ter­läu­fe lau­fen. Er zuckt. Ein­mal, zwei­mal. Dann eile ich zurück, neh­me mir ein rau­es Hand­tuch, und rei­be den Wel­pen ab. Hei­di unter­stützt mich mit ihrer Zun­ge dabei. Die Atem­ge­räu­sche des Wel­pen neh­men ab, immer gleich­mä­ßi­ger hebt und senkt sich der klei­ne Brust­korb. Nach eini­gen Minu­ten dreht er sich schließ­lich selb­stän­dig um und kriecht ziel­stre­big auf die Zit­zen der Mut­ter­hün­din zu. Glück gehabt!

Neugeborener Border Collie Welpe
Hün­din No. 4 | 15.38 Uhr | 378 Gramm

In den fol­gen­den Stun­den wer­den noch zwei wei­te­re Wel­pen gebo­ren. Ein zwei­ter Rüde und eine vier­te Hün­din. Wäh­rend der Hün­din unter der Geburt immer eine gleich­blei­ben­de Anspan­nung anzu­mer­ken ist, die Auf­schluss dar­über geben kann, dass der Geburts­vor­gang noch nicht voll­stän­dig been­det ist, wid­met sie sich schließ­lich ganz ihren Wel­pen. Das lau­te Hecheln wird lei­ser, ihre Mimik ent­spannt sich. »Das hast du toll gemacht«, las­se ich Hei­di wis­sen, die glück­lich ihre Wel­pen putzt. Auch ich genie­ße das Glück. Wenn­gleich nicht ganz.

Neugeborener Border Collie Welpe
Rüde No. 2 | 16.40 Uhr | 430 Gramm

Sechs Wel­pen hat Hei­di das Leben geschenkt. Sechs Wel­pen aus einer künst­li­chen Besa­mung, die im Schnitt deut­lich klei­ne­re Wür­fe her­vor­bringt, wohl­ge­merkt. Im Grun­de genom­men dürf­te das Glück des Züch­ters also gren­zen­los sein. Dage­gen spricht aber der Umstand, dass sechs Wel­pen kaum genü­gen, um alle Träu­me zu erfül­len, die mit die­sem Wurf ver­knüpft waren – dass ich man­chen, der auf einen Wel­pen aus die­sem Wurf gehofft hat, in den kom­men­den Wochen ent­täu­schen muss. Das fällt mir nicht leicht – und den Gedan­ken dar­an möch­te ich ger­ne noch ein wenig von mir fort­schie­ben. Es wird sich zei­gen, wel­cher Wel­pe wo sein Zuhau­se fin­den wird. Und auch, wel­cher Wel­pe bei uns blei­ben darf.

Wer das Tipp­spiel gewon­nen hat, lässt sich lei­der nicht ein­deu­tig beant­wor­ten, da es über die bei­den Social Media Kanä­le zwei rich­ti­ge Tipps gab, von denen ich nicht sagen kann, wel­cher zuerst abge­ge­ben wor­den ist. Des­halb dür­fen sich gleich zwei Teil­neh­mer freu­en: Moni­ka Wacker und Stef­fi Bar­tu­szew­ski. Die Umset­zung der bei­den Gewin­ner­bil­der neh­me ich in den kom­men­den Wochen in Angriff. Vor­aus­ge­setzt natür­lich, dass mir die Wel­pen die Zeit dazu lassen!

© Johannes Willwacher