Was ein vier Monate alter Welpen können muss – und was der Besitzer eines vier Monate alten Welpen verstanden haben sollte.
Let there be no doubt: we should sort things out.
If we care like we say we do.
Sweet Harmony, The Beloved (1993)
Kaum merklich lässt Nell die Lefzen flattern, als Fate versucht ihr den morschen Ast abzunehmen, den sie gerade aus dem hohen Holzstapel herausgezogen hat. Viel mehr braucht es nicht, um die vier Monate alte Hündin verstehen zu lassen. Also sitzt Fate in gebührendem Abstand da und wartet ab, bis Nell der besagte Ast zu langweilig geworden ist. Dass das selten lange dauert, weiß auch die junge Hündin schon. Viel entscheidender als die Wartezeit ist aber die Lektion, die Nell ihr damit beigebracht hat. »Respekt«, meint Nell nämlich, »gehört ganz entschieden zu den Dingen, die ein vier Monate alter Welpe gelernt haben muss«.
Die kleine Szene habe ich von der Gartenbank aus beobachtet – und mich in der Folge wieder einmal selbst gefragt, welche Lektionen ein Welpe frühestmöglich verinnerlicht haben sollte, damit das Zusammenleben harmonisch bleibt. Viel weiter komme ich vorerst aber nicht, weil Fate kurzentschlossen die frischen Hortensientriebe zum weitaus besseren Spielzeug bestimmt hat. Während es hier also ritscht und ratscht – und sich dort schließlich Halo mit dem angenagten Ast davonmacht – schallt es von der Gartenbank einmal laut und deutlich: »Nein!«
Das wichtigste Kommando in der Hundeerziehung
»Sitz!«, »Platz!«, »Aus!« und das vorgenannte »Nein!« gehören zu den Dingen, die ich meinen Welpen schon früh nahezubringen versuche. Haben die Welpen diese Kommandos soweit verinnerlicht, dass sich darauf aufbauen lässt, führe ich das »Bleib!« ein. So lässt sich nicht nur die Aufmerksamkeit des Welpen trainieren, sondern auch das vielleicht wichtigste Kommando in der Hundeerziehung. Der Abruf, oder im Wortlaut: das »Hier!«
Harmonie braucht – um Nells gekräuselte Lefze noch einmal aufzugreifen – also nicht nur Respekt. Harmonie braucht immer auch Aufmerksamkeit. Aufmerksamkeit, die genauso konsequent korrigiert und umlenkt, wie sie fördert und bestätigt. Wer meint, dass ein Welpe mit vier Monaten noch gar nichts können muss, darf sich die vorstehenden Zeilen gerne ohne erzieherisches Eingreifen vorstellen. Und Nell durch ein Auto ersetzen, das ungebremst heranrollt.
Harmonie braucht Verantwortung. Das müssen Mensch und Welpe lernen.
Und weiter?
Vier Monate – vielleicht nicht nur ein guter Zeitpunkt, um über den Erziehungsstand der Welpen nachzudenken, sondern auch, um mir selbst wieder etwas mehr Zeit zu genehmigen. Zeit, um nicht wöchentlich über neue Tagebucheinträge und Fotos nachdenken zu müssen – und mich mehr auf das Erleben mit den Welpen konzentrieren zu können. Neues wird es an dieser Stelle ganz bestimmt wieder zu lesen geben – von nun an aber eben nur noch monatlich.
© Johannes Willwacher