Wir erwarten Welpen: über Blutstropfen und Progesterontests – und warum man besser im Vorgarten als hinter Messehallen deckt.
You found me just in time
and changed my lonely life that lovely day.
Dean Martin and Judy Holliday (1960)
Als ich am 19. Oktober die Treppen hinunter steige, bleibt mein Blick an einem Blutstropfen heften, der sich am Treppenabsatz befindet. Weil ich schon seit Wochen auf das Einsetzen der Läufigkeitsblutung gewartet habe, tupfe ich den frischen Tropfen mit einem Lächeln auf – und beginne zu rechnen. »Vor dem sechzehnten Tag war Heidi noch nie so weit«, sage ich laut zu mir selbst und beiße mir nachdenklich auf die Unterlippe, »das müsste demnach also der 4. November sein«.
»Ungünstiger hätte das Ganze kaum ausfallen können«, sage ich am 2. November zu der Tierärztin, die bei Heidi gerade die Nadel ansetzt, um Blut abzunehmen. Zweimal haben wir in dieser Woche bereits den Progesteronwert bestimmen lassen – und jedes Mal war die Hoffnung groß, dass der Wert es erlaubt, schon früher zum Decken zu fahren. »Wenn der Wert diesmal passt, müssen wir nicht nur schauen, wie sich das Ganze zwischen den beiden Ausstellungen in Dortmund und Metz bewerkstelligen lässt, sondern auch überlegen, wann und wo die Hündin zum Rüden kommt«, seufze ich, »der Rüde wird am Samstag nämlich auch in Dortmund ausgestellt, und begeistert wäre wohl niemand, wenn er die Hündin gleich vor der Messehalle deckt«.
Am Samstag, dem 4. November, stehe ich schließlich in Dortmund am Ausstellungsring und sehe dabei zu, wie der besagte Rüde seine Klasse gewinnt. Weil auch seine Besitzer keinen großen Wert darauf legen, die beiden Hunde unter den neugierigen Blicken der Messebesucher zusammenzuführen, der Weg bis ins belgische Sint Truiden am späten Nachmittag aber viel zu weit scheint, habe ich kurzentschlossen die Besitzerin einer unserer Nachzuchten angesprochen, die in Essen lebt: »Könnten wir deinen Vorgarten vielleicht zum Decken nutzen?«
Der Regen hat nachgelassen, als ich Heidi in der Abenddämmerung aus dem Auto lasse. Den Rüden, der ein stückweit die Straße hinauf einem zweiten Auto entstiegen ist, hat sie umgehend bemerkt. Begeistert lässt sie ihre Rute fliegen – und genauso begeistert bringen die beiden schließlich den ersten Deckakt hinter sich. »Was machen wir denn nun mit dem zweiten Deckakt?«, fragen seine Besitzer, als wir anschließend beim Kaffee zusammensitzen, »wir könnten die Hündin auch mitnehmen und ihr holt sie morgen wieder ab«. Weil zu diesem Zeitpunkt noch niemand ahnt, dass der Umweg von Metz über Sint Truiden mehr als drei Stunden beträgt, nicken alle – und ist das abgemacht.
Vier Wochen später, am 4. Dezember, wissen wir nach dem Ultraschall endlich, dass sich all das gelohnt hat. Heidi ist trächtig.
© Johannes Willwacher