Das Sonntagsmärchen: Es waren einmal sechs Geschwister, die lebten mit ihrer Mutter in einer Kiste tief im Wald. Oder: Wie man als Züchter – trotz Hexenschuss – versucht, das Beste aus der Welpenzeit zu machen.

Es waren ein­mal sechs Geschwis­ter, die leb­ten mit ihrer Mut­ter in einer Kis­te tief im Wald. Weit ab der gemei­nen Wege, dort, wo der Win­ter­wind kalt um die wei­ßen Tan­nen weht, hat­ten es die Sech­se in ihrer Kis­te woh­lig warm: Ein Bett für jeden, ein Feu­er, in des­sen schar­lach­ro­tem Schein selbst der süßes­te Schlum­mer noch süßer schmeck­te und ein Tisch­lein, das sich – mit silb­rig klin­gen­den Tel­lern gedeckt – tag­ein, tag­aus unter der Last der köst­lichs­ten Spei­sen bog. Geschah dem einen ein Unglück, gesell­ten sich flugs zwei freund­li­che Hän­de hin­zu, die hier ein wenig zupf­ten, dort ein wenig lupf­ten und die ver­schmutz­ten Laken noch bevor der Unglück­li­che recht begriff in schnee­wei­ßes Lei­nen ver­wan­delt hat­ten. So leb­ten die Geschwis­ter satt und sorg­los – und die Tage stri­chen ins Land.

Man­ches Mär­chen könn­te so viel schö­ner sein, hät­ten nicht Feder und Tin­te zwei­er grim­mer Gebrü­der vor­ge­schrie­ben, dass ein »Sie leb­ten glück­lich und zufrie­den« immer auch des Hexen­ein­mal­eins bedarf. Nun kichert es frei­lich nicht hämisch, viel­mehr ächzt und krächzt es buck­lig um die Kis­te her­um: Ein Hexen­schuss bleibt eben auch im Mär­chen­land schmerz­haft – meint scherz­haft die Hexe, soll hei­ßen: ich, und kriecht auf Knien sechs Wel­pen hin­ter­her, die ver­gnügt ihr Spiel­zim­mer erkunden.

© Johannes Willwacher