04|06|2018 – Die weltbeste Nell feiert ihren 9. Geburtstag
04|06|2018 – Die welt­bes­te Nell fei­ert ihren 9. Geburtstag

Ein Hundegeburtstag: unsere Nell wird neun Jahre alt. Über graue Schnauzen, freche Tigerkatzen und den allergrößten Lebenshunger.

Neun Jah­re. Nell, hast du bemerkt, wie grau dei­ne Schnau­ze gewor­den ist? Dass sich die fei­nen Sti­chel­haa­re, die frü­her nur ver­ein­zelt wuch­sen, längst aus­ge­brei­tet, dei­ne Wan­gen erobert und dei­nen Blick bezwun­gen haben? Dass zwi­schen dei­nen Wim­pern zwei, drei wei­ße sind, und in dei­nen Ohren graue Sträh­nen? Dass selbst dort, wo dei­ne Rute ansetzt, die Zeit den Pin­sel ange­setzt und Ewig­keit ins schwar­ze Fell gemalt hat?

Nell, ich glau­be, nichts davon ist dir auf­ge­fal­len. Nicht ein­mal jetzt, wäh­rend du mir gegen­über­sitzt und ich dich durch­drin­gend anschaue. Wäh­rend die Fra­ge aller Fra­gen so offen­sicht­lich zwi­schen uns steht – bei­na­he so, als hät­te sie tat­säch­lich Gestalt – und es dich kaum Mühe kos­ten dürf­te, mei­nen Blick zu deu­ten. Denn manch­mal, Nell, manch­mal wache ich nachts auf und stel­le mir den Tag vor, an dem du nicht mehr da bist. Den Tag, an dem du dich am Mor­gen nicht mehr zuerst lang­sam streckst, um dich dann mir ent­ge­gen­zu­stre­cken und dei­nen Kopf, mit all den blas­sen Träu­men von fre­chen Tiger­kat­zen, als Mor­gen­gruß unter mein Kinn zu ste­cken. Neun Jah­re, ver­su­che ich mir dann ein­zu­re­den, neun Jah­re könn­ten für einen Hund doch auch nur die Weg­mar­kie­rung auf hal­ber Stre­cke sein – nicht das End­stück, nicht die Ziel­ge­ra­de –, und dass ein Hund, der so ist wie du, noch viel mehr Träu­men hin­ter­her­ja­gen, noch viel mehr lau­fen, viel mehr leben muss.

Neun Jah­re. Nell – ist dir das bewusst? Ich möch­te wet­ten, wür­de ich dich fra­gen, wär’ die Ant­wort unmiss­ver­ständ­lich und du wür­dest sagen: »Hör’ auf so nen Stuss zu schrei­ben und füt­ter’ mich!« Und genau des­halb, Nell – für das Jetzt und das Immer – lieb’ ich dich.

© Johannes Willwacher