Vier zwei Wochen alte Border Collie Welpen
15|10|2019 – Unse­re vier Rüden

Über Wölfe im Westerwald und Welpen mit Wolfskrallen – und warum beides zur Natur gehört.

Jetzt geht und sucht Wackersteine,
damit wol­len wir dem gott­lo­sen Tier den Bauch
fül­len, solan­ge es noch im Schla­fe liegt.
Die sie­ben Geißlein

Vor unse­rer Haus­tür lebt ein Wolf. Nicht etwa der böse Wolf aus dem Mär­chen, der sich nachts heim­lich in die Häu­ser stiehlt, um sei­nen Heiß­hun­ger auf Groß­müt­ter zu stil­len – nein, viel­mehr ist es eine scheue Wöl­fin, die sich im ver­gan­ge­nen Jahr in den Wäl­dern um den Stegs­kopf nie­der­ge­las­sen hat, und deren Spu­ren sich seit­dem man­cher­orts gefun­den haben. Den Hun­den und mir ist die besag­te Wöl­fin bei unse­ren Spa­zier­gän­gen noch nie begeg­net – weder auf den brei­ten Pan­zer­stra­ßen, die weit­läu­fig um das ver­las­se­ne Gelän­de füh­ren, noch auf den ver­bo­te­nen Pfa­den, die sich abseits der beschrank­ten Wege schon bald im Unter­holz ver­lie­ren –, und auch die Spu­ren der jun­gen Wöl­fin schei­nen bis­lang nur spär­lich gesäht: die Mel­dun­gen über Sich­tun­gen sind genau­so sel­ten, wie die Berich­te über Ein­brü­che in die Schaf­her­den, die auf den gro­ßen Offen­flä­chen des ehe­ma­li­gen Trup­pen­übungs­plat­zes wei­den. Die Angst vor dem Wolf ist trotz­dem zu spü­ren – gera­de wenn man auf die Stim­men der besorg­ten Schaf­züch­ter und Land­wir­te hört –, und wäh­rend der heim­ge­kehr­te Wolf dem natür­li­chen Gleich­ge­wicht im Wald nur gut tun kann, wird laut über eine mög­li­che Bedro­hung, über den Abschuss debat­tiert. »Die Natur ist nur so lan­ge schüt­zens­wert, wie sie bere­chen­bar bleibt«, den­ke ich am Sonn­tag­mor­gen bei mir, als die Hun­de am Weges­rand im Borst­gras schnup­pern und ich den Blick über die ver­fal­le­nen Bun­ker­an­la­gen schwei­fen las­se, die längst von Moos und Grä­sern über­wu­chert wor­den sind, »das gilt ganz bestimmt nicht bloß für den Wolf, das gilt auch für die Zucht«.

Zwei Border Collie Welpen, zwei Wochen alt
15|10|2019 – Unse­re bei­den Hündinnen

Als ich mir vor zwei Wochen – nach­dem auch der letz­te Wel­pe gebo­ren wor­den und in der Wurf­kis­te end­lich Ruhe ein­ge­kehrt war – unse­re Wel­pen ein wenig genau­er betrach­te­te, fie­len mir zwei Beson­der­hei­ten auf, die ich noch bei kei­nem ande­ren Wurf zuvor hat­te beob­ach­ten kön­nen. Wäh­rend mir von der Knick­ru­te des letzt­ge­bo­re­nen Wel­pen – einer ange­bo­re­nen und mög­li­cher­wei­se erb­li­chen Defor­ma­ti­on im Wir­bel­kör­per, die zumeist im letz­ten Drit­tel der Rute auf­tritt, und als zucht­aus­schlie­ßen­der Feh­ler anzu­se­hen ist –, bereits von ande­ren Züch­tern berich­tet wor­den war, hat­te ich von den Wolfs­kral­len, die mir an bei­den Hin­ter­läu­fen des dritt­ge­bo­re­nen Wel­pen auf­fie­len, bis­lang nur gele­sen. Grund­sätz­lich sind jene bei vie­len Hüte­hund­ras­sen vor­han­den – bei man­chen, wie dem Pyre­nä­en­berg­hund oder dem Bri­ard, sogar vom Ras­se­stan­dard ver­langt –, beim Bor­der Col­lie tre­ten sie im All­ge­mei­nen aber nur äußerst sel­ten auf.

Border Collie Welpe mit Wolfskrallen
15|10|2019 – Der Wel­pe mit der Wolfskralle

»Wie sel­ten, ist schwer zu sagen«, schrieb mir unse­re Zucht­war­tin, die ich am dar­auf­fol­gen­den Tag gleich dazu befrag­te, »gerüch­te­wei­se wer­den Wolfs­kral­len von den meis­ten Züch­tern schon in den ers­ten Lebens­ta­gen der Wel­pen still und heim­lich ent­sorgt«. Auch davon hat­te ich schon gehört, befrag­te aus Neu­gier aber schließ­lich noch unse­ren Tier­arzt dazu. »Bei der rudi­men­tä­ren Form, bei der die namens­ge­ben­de Kral­le ohne knö­cher­ne Ver­bin­dung lose in der Haut auf­ge­han­gen ist, tre­ten oft Ver­let­zun­gen auf«, sag­te mir die­ser, »das spricht meist für einen frü­hen ope­ra­ti­ven Ein­griff«. Bei dem frag­li­chen Wel­pen, gab ich zurück, waren aber nicht bloß die Kral­len, son­dern auf bei­den Sei­ten auch die Zehen voll­stän­dig aus­ge­bil­det, ein Ein­griff somit juris­tisch aus­ge­schlos­sen. »Was das Tier­schutz­ge­setz ver­bie­tet, ist vie­len egal«, erwi­der­te mein Gegen­über, »und wo der eine Tier­arzt nicht Wil­lens ist, wird vom Züch­ter eben der nächs­te oder über­nächs­te auf­ge­sucht«, um nach kur­zem Über­le­gen hin­zu­zu­set­zen, dass es längst Stu­di­en gäbe, die der fünf­ten Zehe des Hun­des nicht nur eine ein­deu­ti­ge Funk­ti­on im Bewe­gungs­ab­lauf zuspre­chen, son­dern auch auf Gelenk­er­kran­kun­gen hin­wei­sen wür­den, die bei Hun­den, denen die Wolfs­kral­le ent­fernt wur­de, gehäuft auf­tre­ten. Grund­los und wider der Natur han­deln, also? Nur der Schön­heit wegen?

Ein rus­si­sches Sprich­wort besagt, dass der Wald, in dem ein Wolf lebt, gesund ist. Ich sage, dass ein Wel­pe nicht krank ist – nicht ent­stellt, nicht behan­delt wer­den muss –, nur weil er Wolfs­kral­len hat. Zucht bedeu­tet, sich auch immer wie­der mit der Unbe­re­chen­bar­keit der­sel­ben aus­ein­an­der­zu­set­zen, und zwei­fels­oh­ne auch, das Wis­sen über die eige­nen Lini­en zu hin­ter­fra­gen. Vor allem aber wohl anzu­neh­men, was die Natur selbst so vor­ge­se­hen hat. Auch wenn das bedeu­tet, mit den Wöl­fen zu heu­len. Der besag­te klei­ne Wel­pe kann das übri­gens schon ziem­lich gut.

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© Johannes Willwacher