Acrylgemälde einer schwarz-weißen Border Collie Hündin und eines Welpen
19|02|2024 – Unse­rem E-Wurf zum sieb­ten Geburtstag

Unser E-Wurf feiert seinen siebten Geburtstag – und unsere doppelt so alte Nell beweist, dass das gute Leben damit erst anfängt.

Unse­re Oma fährt im Hüh­ner­stall Motorrad.
Deut­sches Volks­lied (um 1935)

Kürz­lich, an einem der weni­gen son­ni­gen Tage in den ver­gan­ge­nen Wochen. Fast eine Stun­de sind wir schon gelau­fen, als wir gegen zehn Uhr den Rück­weg von der Fuchs­kau­te ein­schla­gen und die baum­lo­sen Höhen hin­ter uns las­sen. Vier Hun­de habe ich bereits wie­der ange­leint – in den abge­holz­ten Wald­flä­chen ver­steckt sich nicht gera­de wenig Wild, und wo ein Hund eine Spur auf­ge­nom­men hat, sind womög­lich auch alle ande­ren kurz dar­auf ver­schwun­den –, nur die fast fünf­zehn­jäh­ri­ge Nell trot­tet noch gemäch­lich hin­ter­her. 

Frü­her hät­te ich mich das nie­mals gewagt, denn wäh­rend die Sin­ne der Senio­rin mitt­ler­wei­le so stark ein­ge­schränkt sind, dass sie auf frei­er Flur selbst an einem Feld­ha­sen vor­bei­läuft, ohne den­sel­ben wahr­zu­neh­men, ist ihr frü­her kei­ne ein­zi­ge Wild­spur ent­gan­gen. Beu­te mag sie dabei zwar nie gegrif­fen haben – den Hirsch, den sie ein­mal gestellt hat, hat sie bloß in gebüh­ren­dem Abstand vor sich her getrie­ben –, das auf sich beru­hen zu las­sen, wäre aber nicht zu ver­ant­wor­ten gewe­sen. Wie viel Zeit es uns damals gekos­tet hat, gegen ihren Jagd­trieb zu arbei­ten, kann ich rück­bli­ckend gar nicht sagen. Allein, dass Nell trotz allen Trai­nings immer noch ihren eige­nen Kopf hat­te. Und den hat sie sich – streng genom­men – auch bis heu­te bewahrt.

Das Auto ist schon in Sicht­wei­te, als wir die abge­holz­te Scho­nung pas­sie­ren, hin­ter der sich der Weg zum Dorf hin­un­ter zieht. Dass die bei­den jün­ge­ren Hün­din­nen neu­gie­rig die Nasen heben, bemer­ke ich zwar, den­ke mir dabei aber nichts wei­ter. Ich begin­ne also schon in mei­ner Jacken­ta­sche nach dem Auto­schlüs­sel zu kra­men – etwa zwei­hun­dert Meter mögen es noch sein –, als ich aus dem Augen­win­kel einen schwarz-wei­ßen Hund erbli­cke, der im wil­den Schweins­ga­lopp über die angren­zen­de Wie­se läuft. Dass es sich dabei um Nell han­delt, begrei­fe ich nicht sofort – womög­lich, weil es der Nase der Hün­din selbst dann kaum gelin­gen will, Wit­te­rung auf­zu­neh­men, wenn ihr ein Keks gleich vor die­sel­be gehal­ten wird –, wes­halb es nicht ver­wun­der­lich ist, dass ich ungläu­big ste­hen blei­be. An guten Tagen gelingt es der Hün­din gera­de noch, mit den ande­ren Schritt zu hal­ten. An den meis­ten bleibt sie aber weit hin­ter den­sel­ben zurück – wes­halb die hop­peln­de Leben­dig­keit, die ich dort vor mir sehe, mich noch mehr erstaunt. Ein Hund, der jagt, es aber nicht soll, ist fast immer ein Ärger­nis. Das hier ist aber etwas völ­lig ande­res. Das ist ech­te Lebensfreude.

Sie­ben Jah­re wer­den die letz­ten Wel­pen unse­rer Nell heu­te alt – halb so alt also, wie ihre noch immer lebens­fro­he Mut­ter. Was gäbe es da Schö­ne­res, als ihnen genau das zu wün­schen: dass sie auch in sie­ben Jah­ren noch immer genau­so ver­gnügt – im Schweins­ga­lopp – durch ihr Leben hüp­fen. Lasst euch fei­ern: Ella, Elvis, Jill, Enya und Tyri­on.


© Johannes Willwacher