Große Stars und kleine Stars – und die Frage, wem all die Oberflächlichkeit nutzt. Ein ungeschönter – und unretuschierter – Blick auf unsere Border Collie Welpen.
Down with the Queen!
Jazzmania (1923)
Mae Murray ist ein Star. Nicht irgendein Star, nein. 1923 gehört sie zu den bestbezahlten Schauspielerinnen in Hollywood. Dass sie die hohen Gagen weniger ihrem schauspielerischen Talent, als den extravagant ausstaffierten Posen verdankt, in denen sie inszeniert wird, ist dem Publikum gleich – denn im Gegensatz zu den Kritikern liebt sie das Publikum. Genauso wie Robert Z. Leonard, ihr Ehemann, der sie ab 1916 als Regisseur in den meisten seiner Filme in Hauptrollen besetzt. Sie spielt neben Rudolph Valentino, der ebenso schön und den Kritikern ebenso verhasst ist. Als »pinkfarbene Puderquaste« wird er vom Chicago Tribune betitelt, während man sie das Mädchen mit den Bienenstichlippen nennt. Die Los Angeles Times immerhin scheint diese auf Hochglanz polierte Oberflächlichkeit zu verstehen, indem sie Mae Murray zugesteht, am ehesten zu wissen, »wofür Bilder da sind und worum es geht«. Das darf auch für ihren neuesten Film gelten.
Jazzmania ist eine Modenschau. Als Königin eines osteuropäischen Königreichs, das sich dem Tanzen und Feiern verschrieben hat, darf Mae Murray in exotische Kostüme schlüpfen. Dieselben nimmt sie mit, als sie nach einem Umsturz in die Vereinigten Staaten fliehen muss. Und begeistert dort nicht nur New York, sondern auch einen gutaussehenden Reporter mit ihren Tänzen. Nachdem sie sich erneut umgezogen hat, kehrt sie mit dem Reporter nach Jazzmania zurück – und weil sie im gleichen Atemzug die Monarchie abschafft und die Krone nur noch eine schöne Erinnerung ist, darf sie vor dem Abspann noch schnell den Reporter heiraten. So schön, so schnell erzählt – und so oberflächlich.
Züchterinnen und Züchtern, die ihre Zuchtziele anhand der äußeren Merkmale definieren, wird gerne die gleiche Oberflächlichkeit unterstellt. Hunde aus Showlinien sind stumpfer und anspruchsloser, heißt es. Sie sind weniger leistungsfähig, weil den typischen Eigenschaften des Gebrauchshundes weniger Bedeutung beigemessen wird. Und weil sie durch die bewusste Übertreibung einzelner Merkmale gleichermaßen zu groß, zu klein, zu schwer, zu haarig sind, bleiben sie im Hinblick auf den Fortbestand der Rasse vor allen Dingen eines: verzichtbar.
Statt sich davon demotivieren zu lassen, sollte jede Züchterin und jeder Züchter eine möglichst gründliche Evaluation der eigenen Nachzuchten anstreben und sich möglichst ehrlich mit strukturellen Defiziten auseinandersetzen. Nicht nur bei einer athletischen Rasse, wie dem Border Collie, lassen sich anhand der Statik des einzelnen Hundes bereits im Welpenalter relativ verlässliche Prognosen für die weitere Entwicklung aufstellen. Eine falsche Lage der Schulterblätter – optisch zumeist durch einen kürzer wirkenden Hals zu erkennen – wirkt sich beispielsweise auch auf das Gangbild eines Hundes aus. Sind die Gliedmaßen zu lang, fehlt es an Stabilität – und instabile Sprunggelenke können einen Hund leicht die sportliche Karriere kosten. Auch Winkelungen und muskulären Elementen will Beachtung geschenkt werden, wenn die Erwartungen der zukünftigen Besitzer nicht durch fehlerhafte körperliche Potentiale enttäuscht werden sollen. Ist das also oberflächlich? Und alles nur Show?
Die Halsbänder für unsere Welpen – diesmal goldgelb und mit einem geometrischen Art Deco-Muster aus den wilden Zwanzigern versehen – hat wieder einmal Susanne Hamann nach meinen Vorstellungen genäht. Die farblich passenden Lederleinen hat Kirstin Piert beigesteuert. An beide dafür ein ganz großes Dankeschön!
© Johannes Willwacher